In der Vergangenheit konnten wir zahlreiche Startups beobachten, die in einer sehr frühen Phase eine Stelle ausschreiben mussten, weil ihnen zwingend benötigte IT-Kenntnisse im Team fehlen. Mit einer noch immer fortschreitenden Digitalisierung steigt der Bedarf an entsprechender Expertise auch in fast allen anderen Branchen. Zumindest auf eine eigene Webseite kann heute kaum ein Unternehmen verzichten, aber auch interne Abläufe werden immer weiter digitalisiert, um Zeit und Kosten zu sparen. Während diese firmeninternen Bedürfnisse inzwischen häufig über zahlreiche Tools auch ohne Vorkenntnisse zufriedenstellend gelöst werden können, sieht es bei Startups, deren Kerngeschäft im IT-Bereich liegt, anders aus. Hier muss genauer evaluiert werden, welche Optionen es gibt. Diese hängen vor allem von den eigene Vorkenntnissen ab.

Firmenintern

Gerade als Startup oder junges Unternehmen ist es wichtig sich nach außen zu präsentieren, um Bekanntheit zu erlangen. Statt einer eigenen Webseite können dabei zu Beginn auch Profile und Seiten auf verschiedenen Social Media-Plattformen hilfreich sein. Gerade im B2C-Bereich kann so noch mehr Nähe zu potentiellen KundInnen aufgebaut werden und aufgrund von bestehenden Algorithmen, wird die eigene Seite schnell Interessenten vorgeschlagen, die in der Vergangenheit bereits eine Vorliebe für vergleichbare Dinge gezeigt haben. Damit die eigene Webseite leicht über bekannte Suchmaschinen gefunden werden kann, braucht es dagegen mehr Zeit und Arbeit. Dennoch lohnt es sich frühzeitig eine eigene Webseite zu veröffentlichen, da hier der eigene Gestaltungsspielraum nicht eingeschränkt wird und beispielsweise bei Online-Shops keine zusätzliche Provision an den Seitenbetreiber abgetreten werden muss.

Die Erstellung einer eigenen Webseite ist zwar komplizierter als die Einrichtung eines Social Media-Accounts, dennoch kann zu Beginn auch hier auf Tools zurückgegriffen werden, die keine Programmierkenntnisse erfordern. Dadurch kann eventuell auf eine weitere Person verzichtet werden, die Kenntnisse in dem Bereich mitbringt und programmieren kann. In dem Fall müssen sich jedoch eigene grundlegende Vorkenntnisse angeeignet werden. Mit wachsender Zugriffszahl auf die Webseite steigen auch die Anforderungen an selbige und es kann erforderlich werden, auf ein anderes professionelleres System umzusteigen. Dann muss neu evaluiert werden, ob die eigenen Vorkenntnisse ausreichen, sodass sich eine selbstständige Aneignung des fehlenden Wissens lohnt. Ansonsten gibt es die Möglichkeit externe Firmen damit zu beauftragen eine Webseite zu erstellen. Während dies für eine reine Internetpräsenz eine überlegenswerte Lösung ist, bremst eine fehlende interne Möglichkeit zur Bearbeitung größere Webseiten und Online-Shops schnell aus. Selbst wenn beispielsweise eigenständig Artikel eingestellt werden können, kommen häufig neue Anforderungen dazu, an die zu Beginn nicht gedacht wurde.


Mehr Infos zum eigene Webauftritt, die wichtigsten Begriffe und eine genauere Abwägung der verschiedene Optionen findest du hier: Operational Skills - IT and Websites (Teilnahme am REACH Pre-Incubator erforderlich. Infos: https://www.reach-euregio.de/page/pre-incubator)


Für die Digitalisierung interner Prozess lohnt es sich häufig auf externe Produkte zurückzugreifen. So gibt es beispielsweise für die Verwaltung von Lagerbeständen bereits zahlreiche Systeme auf dem Markt, ebenso für die Verwaltung von Mitarbeitenden und Finanzen.

Essentiell/Kerngeschäft

Schwieriger wird das Ganze, wenn es sich um ein rein digitales Produkt handelt oder es zumindest essentiell auf eine digitale Komponente angewiesen ist. Die wachsende Digitalisierung in nahezu allen Branchen stellt nicht nur eine Herausforderung für das eigene Startup dar, sondern bietet auch viel Potential für neue Ideen und Geschäftsfelder. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass viele Startups in diesem Bereich agieren. Entsprechend schwierig wird es für diese Startups, Teammitglieder mit passenden Kenntnissen zu finden. Zusätzlich wird die Suche erschwert, weil große Unternehmen um die gleichen Personen werben. Attraktive Stellenangebote und ansprechende Anzeigen sind also umso wichtiger.

Statista - Digital Market Outlook

Der Digital Market Outlook zeigt das Marktpotential der Digitalisierung in nahezu allen Branchen und weltweit

Bevor nun blind eine Stellenanzeige für eine Informatikerin oder einen Programmierer geschrieben wird, sollte man sich jedoch einige Fragen bewusst stellen und für sich selbst beantworten:

  • Was ist meine genaue Idee? (aus einer möglichst technischen Perspektive)
  • Was kann ich zu dieser Idee selber beisteuern und wobei brauche ich Hilfe?
  • Welche Kenntnisse sollte das neue Teammitglied mitbringen?

Im Folgenden soll genauer auf diese Fragen eingegangen werden.

Idee aus technischer Perspektive

Natürlich ist es nicht einfach eine technische Perspektive einzunehmen, wenn man selbst aus einem ganz anderen Bereich kommt. Doch schrittweise kann sich jeder dieser Sicht zumindest nähern. Zunächst sollte man sich fragen, wie man auf seine Idee gekommen ist. Denn häufig handelt es sich um die Lösung für ein Problem. Nach der Frage, ob es am Markt bereits vergleichbare Lösungen gibt, sollte man deshalb genauer untersuchen, warum es keine solche Lösung gibt. Ist es plausibel, dass wirklich noch niemand zuvor auf die gleiche Idee gekommen ist, oder gibt es technische Hindernisse, die Wettbewerber vom Markt halten? Normalerweise braucht es für ein neues Produkt auch immer einen gewissen Anteil an eigener Innovation. Die bloße Identifikation eines Problems reicht dagegen selten aus.

Als fachfremde Person ist es jedoch schwierig etwas wirklich Neues zu erfinden. Das gilt in der Informatik ebenso wie in anderen Disziplinen. Impulse von Außen bringen zwar häufig neue Ideen, da eine andere Sicht- und Denkweise außerhalb der klassischen Musters eingenommen wird, es braucht jedoch immer eine gewisse Expertise aus dem Bereich, um Fehleinschätzungen zu vermeiden oder bestehende ähnliche Ansätze aufzuzeigen.

In der Informatik gibt es durch eine rasante Entwicklung zwar ständig neue Möglichkeiten, mit denen bisher nicht oder nur aufwändig lösbare Probleme einfacher gelöst werden können. Dies gilt bei weitem jedoch nicht für alle Probleme und jeder konkrete Einzelfall muss dahingehend geprüft werden. Wenn man selbst nicht sicher ist, ob die überlegte Lösung umsetzbar ist, empfiehlt es sich häufig eine Expertenmeinung einzuholen. Ein gewisses Risiko an unerwarteten Herausforderungen bleibt zwar dennoch, jedoch können so grobe Denkfehler verhindert werden. Auch wenn die ExpertInnen nur aus einem ähnlichen Bereich kommen, haben sie häufig einen besseren Überblick über den aktuellen Stand der Technik und aktuelle Verfahren. Dadurch können sie eventuell auch direkt hilfreiche Hinweise zur Umsetzung geben und passende Verfahren vorschlagen.

Besonders im Bereich Künstliche Intelligenz herrscht aktuell eine Art Goldgräberstimmung (mehr dazu ). Es gibt inzwischen allerdings zahlreiche Unternehmen die an dem Thema forschen. Dazu zählen insbesondere die weltweit größten IT-Unternehmen. Viele ihrer Forschungsergebnisse veröffentlichen sie oder machen diese direkt in ihren Produkten verfügbar. Dadurch ist es auch für Laien vergleichsweise einfach den aktuellen Stand der Technik auszuprobieren. Ohne tiefgreifende Erfahrungen mit entsprechenden Algorithmen, ist es unwahrscheinlich, bessere Ergebnisse erreichen zu können. Stattdessen können die Ergebnisse jedoch dazu dienen einzuschätzen, ob für das eigene Problem eine entsprechende Qualität ausreichend wäre.

Zudem sollten auch die einzelnen Schritte der eigenen Idee untersucht werden. Beispielsweise sind passende Daten für nahezu alle KI-Projekte unverzichtbar. Wie leicht oder schwer es ist an diese Daten heranzukommen, ist jedoch stark abhängig von dem jeweiligen Anwendungsfall. Der Zugang zu medizinischen oder anderen personalisierten Daten ist deutlich schwieriger als zu generischen Texten oder Bildern. Auch hier kann es ratsam sein eine Expertenmeinung einzuholen.

Aufgabenverteilung

Das Zerlegen der eigenen Idee in einzelne Schritte ist auch für die Bearbeitung der nächsten Frage hilfreich. Denn so können eventuell Aufgaben identifiziert werden, die auch ohne Programmierkenntnisse erledigt werden können. Gleichzeitig wird klarer, bei welchen konkreten Problemen Hilfe benötigt wird. Beides hilft bei der Ausschreibung einer Stelle. Denn um die Stellenausschreibung für Bewerbende attraktiv zu machen, sollte nicht nur beschrieben werden, welche Aufgaben erledigt werden müssen.

Um insbesondere gegenüber Stellenangeboten von größeren Unternehmen hervorzustechen, sollten die Vorteile eines kleinen dynamischen Startup-Teams betont werden. Es sollte darum gehen ein Teammitglied zu finden und nicht jemanden, der oder die die bereits beschlossenen Ideen nur noch umsetzt. Das Recht auf Mitgestaltung ist der größte Vorteil bei der Arbeit in einem Startup. Da die neue Person Wissen mitbringt, das in dem Team zuvor fehlte, ist es meist auch für das gesamte Vorhaben sinnvoll, die neuen Impulse aufzunehmen oder zumindest zu diskutieren.

Wenn Startups eine technische Idee umsetzen wollen, aber dafür noch keinerlei Expertise in ihrem Team haben, entsteht bei Stellenausschreibungen leicht der Eindruck, dass jemand gesucht wird, der die ganze Arbeit alleine machen soll. Auch wenn es sich um reine Software-Produkte handelt, sollte klar sein, dass es sich trotzdem um eine komplette Produktentwicklung handelt. Diese Arbeit sollte deshalb nicht an ein einziges Teammitglied übergeben werden. Um Bewerbende nicht mit diesem Eindruck zu verschrecken, ist es deshalb ratsam auch auf die Aufgaben der bestehenden Teammitglieder einzugehen. Was tragen diese zur Umsetzung des Projekts bei? Die Aufteilung des Projekts in einzelne Schritte stellt hier wieder eine gute Hilfe dar. Dadurch können auch Teammitglieder ohne technisches Vorwissen bei der Produktentwicklung helfen.

Ein weiterer Punkt, der auf einige InformatikerInnen abschreckend wirken kann, ist eine explizite Angabe von Aufgaben aus vollkommen verschiedenen Themenfeldern. Natürlich ist klar, dass in einem Startup eine Spezialisierung auf ein spezifische Aufgabe nicht möglich ist und von jedem ein größerer Bereich abgedeckt werden muss, doch einige Aufgaben werden häufig miteinander verbunden, obwohl dies nicht nötig wäre. Das bekannteste Beispiel ist die Erstellung einer Webseite. Auch wenn sowohl die Entwicklung eines digitalen Produkts als auch die Erstellung einer Webseite einen Computer erfordern, besitzen beide ansonsten häufig sehr unterschiedliche Anforderungen. Die Chance ist also hoch, dass Bewerbende, selbst wenn sie programmieren können, noch nie mit Webseiten gearbeitet haben (abgesehen von ihrer Benutzung natürlich). Sie müssten sich also ebenso einarbeiten, um eine eigene Webseite zu erstellen, wie andere Teammitglieder. Auch wenn ihre Einarbeitungszeit durch Programmierkenntnisse etwas kürzer ausfallen könnte, ist es also ein Überlegung wert, diese Aufgabe an ein anderes Teammitglied zu übergeben, um die Arbeit besser auf alle zu verteilen. Wie bereits zuvor beschrieben, können Webseiten inzwischen auch vollkommen ohne Programmierung erstellt werden.

Natürlich ist es nur dann sinnvoll, die Erstellung der Website von der Stellenausschreibung zu trennen, wenn sie vom Produkt getrennt und nicht Teil desselben ist. Steht die Webseite getrennt vom eigenen Produkt kann jedoch darüber nachgedacht werden, auf diese Anforderung zu verzichten, um die Hürde für eine Bewerbung so niedrig wie möglich zu halten.

Anforderungen

Neben der Fähigkeit Webseiten zu erstellen, sollten auch andere Anforderungen gut überlegt werden. Denn nicht immer ist es sinnvoll seinen Suchbereich schon zu Beginn sehr stark zu begrenzen. Häufig gibt es mehrere Wege, die zum gleichen Ziel führen, und solange nur eine Idee für das Produkt existiert, sollte nicht grundlos ein ganz konkreter Lösungsweg vorgegeben werden. Insbesondere, wenn das hierfür nötige Hintergrundwissen lückenhaft ist. Natürlich sollten schon im Vorhinein Lösungen überlegt und diese auch in mehrere Schritte zerlegt werden, um so Fähigkeiten zu identifizieren, die dem aktuellen Team zur Erreichung des Ziels noch fehlen. Stattdessen geht es vielmehr darum offen zu bleiben für alternative Möglichkeiten. Deshalb sollte jede geforderte Fähigkeit dahingehend geprüft werden, ob sie zwingend notwendig ist und nicht auch anderweitig kompensiert werden könnte.

Insbesondere Vorkenntnisse in Programmiersprachen und Frameworks werden häufig vorgegeben, obwohl es augenscheinlich keinen Grund für die Benutzung dieser gibt. Sollte es eine Begründung für eine konkrete Programmiersprache oder ein spezielles Framework geben, ist es natürlich durchaus sinnvoll, entsprechende Vorkenntnisse zu fordern. Ein Grund sollte jedoch beispielsweise in einer bestehenden Infrastruktur bestehen, auf die aufgebaut oder an die an angeknüpft werden soll. Dagegen ist eine erste Recherche einer fachfremden Person, um passende Sprachen und Frameworks zu identifizieren, nicht zielführend. Eine darauf basierende Vorgabe schränkt den Kreis der potentiellen Bewerbenden unnötig ein.

Weiterhin kann es vorkommen, dass eine einzelne Fähigkeit allen Bewerbenden fehlt und nicht direkt durch eine andere Fähigkeit ersetzt werden kann. In dem Fall gilt es abzuwägen, ob es möglich ist, sich die fehlenden Kenntnisse selbst anzueignen oder ob auf Teile des Projekts (vorläufig) verzichtet werden kann. Häufig gilt jedoch auch hier, dass es eine Möglichkeit gibt, einen alternativen Lösungsweg zu wählen.

Nachdem nun die Anforderungen in der Stellenausschreibung auf ein Minimum reduziert wurden, sollte auch nochmal in die komplett gegensätzliche Richtung geschaut werden. Welche Anforderungen könnten sich in der Zukunft ergeben? Ist das Team mit dem neuen Mitglied dafür gewappnet? Sobald das eigene Produkt veröffentlich wurde, können vollkommen neue Aufgabenfelder in den Fokus rücken, die zuvor kaum eine Rolle gespielt haben. Wenn diese nicht von den bisherigen Teammitgliedern abgedeckt werden, ist es sinnvoll mit der Verstärkung des Teams auch diese Bereiche abzudecken. Wird für diesen Zeitraum ohnehin die Einstellung weitere Personen angestrebt, ist es dagegen natürlich nicht nötig diese Anforderungen in die aktuelle Stellenausschreibung aufzunehmen.

Fazit

Insgesamt lassen sich für die zuvor formulierten Fragen also Teilfragen finden, die bei der Beantwortung helfen. Einige Punkte sind zudem allgemeingültig und nicht abhängig von dem konkreten Anwendungsfall. Stattdessen sollen die Fragen hier nur dabei helfen, sich diese Punkte ins Gedächtnis zu rufen bevor man eine offene Stelle ausschreibt.

  • Was ist meine genaue Idee? (aus einer möglichst technischen Perspektive)
    • Ist meine Idee überhaupt realistisch? → Expertenmeinung einholen
    • Welche Herausforderungen gibt es? → Expertenmeinung einholen
  • Was kann ich zu dieser Idee selber beisteuern und wobei brauche ich Hilfe?
    • Selber an der Umsetzung sichtbar beteiligen
  • Welche Kenntnisse sollte das neue Teammitglied mitbringen?
    • Welche Anforderungen sind zwingend notwendig? Wo kann ich Kompromisse machen?
    • Keine Technologie unbegründet vorschreiben!
    • Auch an zukünftige Weiterentwicklungen denken
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